Viel Zeit ist vergangen seit dem letzten Post. Die Johannisbeeren, die ich zuletzt fotografiert hatte, sind schon abgeerntet und verarbeitet.
Unsere Gegend wurde von einem verheerenden Hochwasser heimgesucht. Wir sind zum Glück "mit heiler Haut" davongekommen. Meine persönlichen Erlebnisse habe ich hier aufgeschrieben. Vorsicht, es ist viel zu lesen, (Bilder von der Katastrophe gibt es nicht):
Mittwoch
Es
regnet in Strömen, schon den ganzen Tag. Abends rinnt eine braune
Brühe wie ein Flusslauf die Parallelstraße vor unserem Haus
herunter. Fräulein Plaudertasche nimmt ein Video auf, um es mit
ihren Freundinnen zu teilen.
Gegen
21.00 Uhr kommt eine E-Mail von der Schule, dass in unserem Kreis
Katastrophenalarm gilt und morgen keine Schule ist.
Donnerstag
Herr
Plaudertasche kommt frühmorgens aus dem Bad und meint, wir würden
im Mittelalter leben, ohne Strom und Wasser. Als müsste er das
bekräftigen, stösst er sich ziemlich schmerzhaft am Schrank.
Dann
beginnt das Abenteuer: Toilettenspülung mittels Gießkanne und
Regenwasser, Zähneputzen mit Mineralwasser, Hand- und
Körperreinigung mit gefiltertem Regenwasser. Zum Frühstück Müsli
mit Milch. Um die Handy-Akkus zu schonen, wollte ich in die Stadt
fahren und Batterien kaufen, aber ich kam nicht weit: alle Brücken
über unser sonst beschauliches Flüsschen waren weg, einfach
weggebrochen und weggespült. Die Stadt ist in zwei Teile zerbrochen,
einen mit Geschäften und Supermärkten und einen ohne jede
Einkaufsmöglichkeit. Wir leben im zweiten.
Herr
Plaudertasche und ich fuhren dann bergauf in die Eifel, zum Einkauf
von Lebensmitteln, die nicht gekühlt und gekocht werden mussten.
Dabei tranken wir voller Genuss einen heißen Kaffee im
Supermarkt. Fräulein Plaudertasche ging derweil auf Fototour, um die
Katastrophe zu dokumentieren. Auf dem Rückweg nahmen wir noch aus
einem Imbiss unser Mittagessen mit. Wieder zu Hause angekommen,
ärgerte ich mich, dass wir die Batterien vergessen hatten.
Wir
fuhren also noch einmal los, diesmal in die andere Richtung. Wir
kamen nicht weit, sahen dabei unbeschreibliche Bilder der Zerstörung.
Leitplanken
und Teile der Autobahn waren abgebrochen und lagen im Fluss, der sich
ein neues Bett geschaffen hatte. Autos türmten sich zerdrückt und
schlammüberzogen an Mauern und Leitplanken, Gullideckel fehlten,
ungezählte Getränkekisten und Flaschen lagen verstreut, ein LKW der
Müllabfuhr stand mit zerdrücktem Fahrerhaus quer zur Fahrbahn, die
einem riesigen Schlammtümpel glich. Eisenbahngleise hingen wie
Gerippe in der Luft, der ganze Unterbau war weggespült.
Wir
wendeten und fuhren wieder die Eifel hoch, tankten und kauften
Batterien. Jetzt konnten wir ein altes Radio nutzen, um uns über die
Lage zu informieren. Den Abend verbrachten wir so lange es ging auf
der Terrasse und danach bei Kerzenlicht im Wintergarten mit lesen,
rätseln und malen.
Was
war ich froh, als der Tag vorbei war.
Freitag
Es
regnet wieder, aber nur leicht.
Kein
Strom, kein Wasser, aber ein voller Gefrierschrank. Wir essen alles
auf, was sich noch auf den alten Holzkohlegrill legen lässt und was
an Kuchen noch da ist. Den Rest muss ich leider wegwerfen.
In
drei Zimmern herrscht ewige Dunkelheit, weil wir die elektrischen
Rollläden nicht hoch bekommen.
Langsam
finde ich das Abenteuer anstrengend: die Spülmaschine ist voll, das
übrige gebrauchte Geschirr sammeln wir jetzt in einer großen
Schüssel. Der Wäscheberg wächst und Hausputz geht nur mit Besen
und Staubtuch.
Aber
das sind Luxusprobleme, wir können froh sein, dass wir am Leben
sind, unser Haus noch steht und wir genug zu essen haben. Ein paar
Ortschaften weiter sind von den Wassermassen Häuser eingestürzt und
zahlreiche Menschen gestorben. Viele werden noch vermisst.
Meine
Schwiegermutter befindet sich zur Zeit in Kurzzeitpflege in einem
Altenheim auf der anderen Fluss-Seite. Sie ist für uns nur per Handy
erreichbar. Auch da herrscht der Notstand: keine Körperpflege, kein
warmes Essen und keine Aussicht auf Besserung. Sie hat gehört, dass
es heute wieder Wasser geben soll. Da bin ich ja mal gespannt.
Zum
Frühstück gab es heute einen heißen Tee. Auf dem Rechaud im
Fonduetopf konnten wir Mineralwasser aufkochen. Welch eine Freude!
Fräulein
Plaudertasche ist wieder aufgebrochen zur Fototour.
Am
Nachmittag rief ihre Lehrerin an und erkundigte sich nach ihr und
uns, weil man von uns nichts hörte und wir nicht zu erreichen sind.
Sie klang erleichtert, als sie hörte, dass es uns gut geht.
Samstag
Die
Einsatzkräfte haben schon zahlreiche Straßen und Wege
freigeräumt, so dass Herr Plaudertasche auf Umwegen das Haus seiner
Mutter begutachten konnte. Es war von den Wassermassen
eingeschlossen. Das Ausmaß der Verwüstung war nun, nach dem
Rückgang des Wasser deutlich sichtbar.
Der
Schlamm lag im Hof mindesten 30 cm hoch, ein Auto hing auf dem
Geländer neben der Haustür, das große LKW-Garagentor war
eingedrückt, die Mauern hinter und neben dem Haus waren umgekippt,
Keller und Erdgeschoss geflutet. Alles, was sich in Keller, Garage
und Erdgeschoss befand, ist jetzt Müll. Auch die Gasheizung und der
Stromverteilerkasten standen unter Wasser.
Er
fuhr dann zu seiner Mutter, um ihr zu berichten. Sie nahm es mit
Fassung auf und war froh, dass ihre Mieter wohlauf waren.
Zu
unserer großen Freude reisten meine Schwester und mein Schwager aus
Bayern an und brachten uns einen Gaskocher samt Kartuschen. Wir
hatten bereits vergeblich versucht, in der näheren Umgebung einen
aufzutreiben. Als ich mal wieder „Netz“ hatte, las ich auf der
Seite der Stadt, dass es noch Tage dauern könne, bis Strom und
Wasser wieder überall verfügbar wären.
Bei
uns ist inzwischen eine Regentonne leer und der Waschbottich mit dem schmutzigen Geschirr voll. Damit es in der Wohnung nicht müffelt,
habe ich den im Gäste-WC untergebracht.
Wir
haben noch einiges an Geschirr und Besteck, aber wenn das noch lange
dauert, brauche ich bestimmt einen ganzen Tag dafür, die
Spülmaschine ein- und wieder auszuräumen, wenn wir wieder Strom und
Wasser haben.
Den
ganzen Tag hören wir Martinshörner, Sirenen und Hubschrauber.
Einsatzkräfte und Baufahrzeuge kommen in Kolonne die Eifel runter
und Krankenwagen fahren, wie auf eine Perlenkette gezogen, hinunter
ins Tal. Krankenhaus und Hospiz werden evakuiert.
Obwohl
unser Leben einem Abenteuer gleicht, sind wir froh und dankbar,
gesund und mit einem Dach über dem Kopf, davongekommen zu sein.
Über
100 Tote gibt es im Kreis zu beklagen und etliche Menschen werden
noch vermisst.
Bei
einer Fahrt durch den Matsch hat sich Herr Plaudertasche einen Reifen
platt gefahren. Das Auto steht jetzt mitten in der betroffenen Region
und der Abschleppwagen kommt nicht durch. Wir müssen bis Montag
warten. Dann wird abgeschleppt und ein Leihwagen gestellt.
Als
ich versuchte, im Auftrag meiner Schwiegermutter, ein Foto von ihrem
Haus mit allen Schäden zu machen, brauchte ich zweieinhalb Stunden,
bis ich wieder zu Hause war, für eine Strecke, die hin und zurück
in „normalen“ Zeiten in zehn Minuten zu schaffen ist.
Sonntag
Nach
unserem sehr individuellen Frühstück sind Fräulein Plaudertasche
und ich aufgebrochen, um bei Oma Plaudertasche zu duschen und Haare
zu waschen und die Handy-Akkus wieder aufzuladen.
Herr
Plaudertasche musste leider zu Hause bleiben, denn in meinem Auto
gibt es nur zwei Sitze. Zum Trost brachten wir ihm Essen und Kuchen
mit, als wir nach Hause kamen.
Unser
Regenwasser neigt sich dem Ende, die zweite Tonne wird morgen leer
sein. Hoffentlich gibt es endlich Strom und Wasser, bevor auch die
dritte leer ist. Ab dann müssen wir uns ein Hotel/eine Pension
suchen, möglichst mit Waschmaschine. Der Wäscheberg wächst und der
Geschirrberg umfasst neben der vollen Spülmaschine zwei große
Waschbottiche.
Ein
leichter Modergeruch wabert durchs Haus. Das kommt wohl von den
Toilettenspülungen mit dem grünen Regenwasser.
Und
auch hier kann ich nur sagen, dass wir privilegiert sind, angesichts
des Elends und der Zerstörung ein paar Hundert Meter von uns
entfernt.
Wie
oft habe ich den Hang und die Treppe verflucht, wenn ich die Einkäufe
52 Stufen hoch in die Küche schleppen musste. Jetzt bin ich dankbar,
dass wir nicht unmittelbar vom Hochwasser betroffen sind.
Montag
Obwohl
es schon ein paar Tage in unserem Schlafzimmer nicht mehr hell wird,
wachen wir jeden Morgen sehr früh auf, in der Hoffnung, dass der
Alptraum endlich vorbei ist, die Toilettenspülung funktioniert und
wir die Kaffeemaschine benutzen können.
Nach
dem Mittag konnten wir den Leihwagen abholen und haben zig Liter
Mineralwasser gekauft. Später haben Fräulein Plaudertasche und ich
den inzwischen aufgetürmten Geschirrberg weggespült, mit dem
Mineralwasser, das wir im großen Suppentopf auf dem Gaskocher
erhitzt hatten.
Jetzt
ist auch die zweite Regentonne leer.
Am
Abend machte die Feuerwehr die Durchsage, dass an bestimmten Stellen
Versorgungs- und Brauchwasserabgabe-Stellen geschaffen wurden, an
denen man auch sein Mobiltelefon aufladen kann. Für mich sieht das
so aus, als gäbe es vorläufig keine Aussicht auf Strom und Wasser.
Wie
ich gelesen habe, ist das Problem der Gasversorgung ein viel
größeres. Hier soll es Monate dauern, bis die Versorgung
durchgängig garantiert werden kann.
Was
hat dieses Unwetter aus unserem schönen Ort gemacht? In einer Nacht
haben wir ihn unwiederbringlich verloren.
Die
Zahl der Toten ist auf 116 gestiegen und mehr als Tausend werden noch
vermisst.
Dienstag
Die
Zahl der Vermissten hat sich auf 170 reduziert und die
Telefonanschlüsse sollen wieder hergestellt sein.
Davon
merken wir nichts, ohne Strom kein Telefon. Und alles andere auch
nicht.
In
drei Räumen haben wir noch ewige Dunkelheit und aus dem Wäscheberg
ist ein Gebirge geworden. Kurz entschlossen haben wir alles zusammen
gepackt und sind nach B. in einen Waschsalon gefahren.
Eine
Stunde und 28 Euro später war alles erledigt. Ich konnte fünf
Waschmaschinen gleichzeitig nutzen.
Als
wir nach Hause kamen, brannte Licht im Flur. Wir hatten sogar Wasser,
zwar nur braunes, aber endlich Wasser. Leider nur kurze Zeit, jetzt
ist es mit dem Wasser wieder vorbei.
Die
Stadt hat sich inzwischen in ein staubiges Schlachtfeld verwandelt.
Die Feuerwehr bittet die Autofahrer nur Schritt-Tempo zu fahren, um
nicht so viel Staub aufzuwirbeln. Es gibt hier nur noch eine Brücke,
um den Fluss zu überqueren. Die ist jetzt natürlich ein Nadelöhr
und es gibt Staus und Behinderungen für die Rettungsfahrzeuge.
Überall
in der Stadt wurden Brauch- und Trinkwasserstellen errichtet und
mobile Toiletten aufgestellt.
Am
Stadtrand entsteht ein surreales Gebirge aus Schutt und Müll.
Zweiter
Mittwoch
Wir
waren heute im Pflegeheim, um meiner Schwiegermutter einen Besuch
abzustatten und die Wäsche zu tauschen. Sie hat noch immer keine
Vorstellung davon, wie es außerhalb des Heimes aussieht und wie sich
die Welt verändert hat.
Nach
unserem Einkauf im Supermarkt trafen wir eine völlig verzweifelte
Frau, deren Welt völlig „aus den Angeln“ war, die vor wenigen
Jahren unseren Ort als Alterswohnsitz ausgewählt hatte.
Auf
dem Weg nach Hause entstand noch dieses Foto:
Heute
kam endlich der Anruf vom Abschleppunternehmen, das den Wagen von
Herrn Plaudertasche in eine noch offene Werkstatt bringen soll.
Selbst die Mobilfunkverbindung ist noch so schlecht, dass das
Gespräch mehrfach unterbrochen wurde.
Und
dennoch: wir müssen froh und dankbar sein, wir haben höchstens Luxusprobleme. Andere haben ihr Zuhause oder gar ihr Leben verloren,
wir nur unseren Komfort.
Zweiter
Donnerstag
Die
Müllabfuhr war da, die Post kommt sporadisch vorbei, der Strom
funktioniert. Alles Fortschritte auf dem Weg zur Normalität.
Gestern
habe ich erfahren, dass das örtliche Stoffgeschäft auch schwer
betroffen ist und deshalb aufgibt. Das tut mir unendlich leid. Damit
ist auch Schluss mit Näh- und Patchwork-Kursen.
Wir
können heute das Auto aus der Werkstatt holen und den Leihwagen
zurückgeben.
Jetzt
sind wir schon den achten Tag ohne Wasser, Gas, Telefon mit Internet
und Fernsehen. Durch die großen Schäden an sämtlichen
Versorgungsleitungen kann es noch lange dauern, bis hier alles so
ist, wie es war, bevor der Starkregen einsetzte.
Für
die Menschen, die direkt von Hochwasser betroffen sind, wird es
nie wieder, wie es war.
Es
gibt nicht nur materielle Schäden zu beklagen, sondern auch viele
Menschenleben.
Das
was vom Ort übrig ist, sieht aus wie eine Wüstenstadt. Alles ist mit
einer Staubschicht überzogen und das Atmen fällt schwer.
Die
Corona-Masken sind auch hilfreich gegen den Staub.
Zweiter
Freitag
Auch
heute wieder ohne Wasser, Gas, Fernsehen …
In
der Eifel haben wir heute unseren Wochenendeinkauf gemacht.
Am
Abend bin ich mit Fräulein Plaudertasche zu Fuß zum Haus meiner
Schwiegermutter gewandert. Zuerst durch Staub und Müll, dann durch
Schlamm und Müll. Es sieht hier aus wie in einem Kriegsgebiet.
Überall in den Straßen erschöpfte verdreckte Menschen, die ihre
Häuser vom Unrat befreien. Auch das Haus meiner Schwiegermutter ist
schwer betroffen. Die beiden Erdgeschosswohnungen sind eigentlich
unbewohnbar, vom Keller will ich gar nicht erst anfangen. Die Garage,
der Hof … alles schlammüberzogen und vermüllt.
In
unserer Wohngegend herrscht dagegen Totenstille. Einige Nachbarn sind
geflüchtet, die noch verbliebenen sind weder zu sehen noch zu hören.
Man
hört nur das Brummen der Hubschrauber.
Zweiter
Samstag
Noch
immer kein Wasser, Fernsehen, Internet und Telefon. Am Fuße des
Berges gibt es schon Wasser, bis zu uns reicht der Wasserdruck noch
nicht. Und die Telekom macht auch nicht den Eindruck, als ob sie sich
für ihre Kunden „ein Bein ausreißen“ würde.
Zusätzlich
noch das Drama mit dem Haus meiner Schwiegermutter, das für uns kaum
zu erreichen ist, weil es auf der anderen Seite liegt.
Die
inzwischen zwei verbliebenen Brücken sollen Einsatzfahrzeugen und
Müllabfuhr vorbehalten bleiben. Die Polizei kontrolliert jeden
Wagen, der auf die andere Seite will. Ich habe Fräulein
Plaudertasche auf die andere Seite zu ihrer Freundin gefahren, zum
Übernachten mit Dusche und WLAN.
Der
Umweg führte über mehrere Dörfer. Fast zwei Stunden war ich
unterwegs, wofür „sonst“ 20 Minuten reichten.
Zweiter
Sonntag
Es
geht nicht vorwärts, kein Wasser und nichts Neues von der Telekom.
Zum Glück hat es gestern geregnet, alle Regentonnen sind voll. Die
Toilettenspülung ist gesichert. Wenigstens brauchen wir nicht in den
Garten urinieren, wie unser Nachbar.
Heute
und morgen herrscht Fahrverbot, nur Einsatzwagen, Müllabfuhr und
Anwohner dürfen noch unterwegs sein. Wir werden auch die Stadt
meiden und über die Eifel und die Autobahn Fräulein Plaudertasche
nach Hause holen.
Das
Auto von Herrn Plaudertasche hat schon wieder einen platten Reifen,
genau an der selben Stelle, wie vor ein paar Tagen.
Als
er heute morgen Trinkwasser besorgen wollte, musste er wieder
umkehren.
Die
Werkstatt können wir erst morgen erreichen.
Die
Erdgeschoss-Mieter meiner Schwiegermutter haben klammheimlich im
Pflegeheim ihre Mietminderungs-Schreiben abgegeben. Das war natürlich
eine herbe Enttäuschung für sie, nicht die Mietminderung, sondern
die Tatsache, dass keiner der Mieter sich persönlich an sie gewandt
hat. Dabei hatte sie sie gebeten, anzurufen. In ihrem Auftrag
habe ich ein Antwortschreiben aufgesetzt.
Zweiter
Montag
Heute
ist unser Glückstag: als ich heute morgen die Zähne putzte,
plätscherte es im Spülkasten hinter mir. Wasser, endlich Wasser!
Ein weiterer Schritt zurück zur Normalität. Die Autowerkstatt betrachtet den
Reifenschaden als Garantiefall, sehr zu unserer Freude.
Für
die fälligen Bankgeschäfte bin ich heute in die Eifel gefahren,
weil hier alle Sparkassenfilialen vom Wasser betroffen sind.
Inzwischen
läuft ein Reinigungs- und Pflegeprogramm in der Spülmaschine und
die zweite Waschmaschinenfüllung dreht ihre Runden.
Ich
habe erfahren, dass die Telekom ein Glasfaserkabel über den Fluss
gezogen hat und das Krankenhaus und zwei weitere Kliniken wieder am
Festnetz sind. Das Krankenhaus ist etwa 500m von uns entfernt und war
nicht direkt von Hochwasser betroffen. Vielleicht werden wir heute
auch von unserer Informationsarmut befreit.
Zweiter
Dienstag
Noch
immer kein Fernsehen, Telefon und Internet. Die Telekom lässt uns im
Stich.
Den
Vormittag habe ich im Vorgarten verbracht, gemäht, gehackt, Rosen
geschnitten. Ein Nachbar kam vorbei und erkundigte sich, ob es bei
uns Telefon und Internet gäbe.
Inzwischen
ist das Auto in die Werkstatt geschleppt worden. Mal sehen, wann wir
es abholen können.
Fräulein
Plaudertasche fragt mehrmals am Tag, ob endlich wieder WLAN da sei.
Das muss ich leider verneinen.
Dritter
Mittwoch
Ich
bin total abgehetzt.
Seit
9.00 Uhr bin ich unterwegs, erst in die Wohnung meiner
Schwiegermutter, einige Sachen holen und den Gefrierschrank
ausräumen, zurück zum Parkplatz, weil die Parkzeit abgelaufen war,
weiter zum Pflegeheim. Danach erledigte ich den Einkauf.
Vorher
wurde ich noch von der Polizei angehalten und nach meinem Ziel
befragt. Zum Schluss bin ich fast im Schritt-Tempo nach Hause
getuckert.
Als
ich um 12.00 Uhr wieder zurück war, fing ich gleich an, das Mittag
zu kochen, denn Herr Plaudertasche wollte im Haus seiner Mutter
helfen.
Dritter
Donnerstag
Zwischen
dem Befüllen und Leeren der Waschmaschine habe ich Herrn
Plaudertasche zur Werkstatt gefahren, um sein Auto abzuholen.
Die
Telekom lässt uns weiter „am langen Arm verhungern“.
Anstatt
abends den Fernseher anzuschalten, habe ich schon drei Bücher von
Jussi Adler Olsen „verschlungen“.
Dritter
Freitag
Wir
sind wieder in die Eifel gefahren, um den Wochenendeinkauf zu
erledigen.
Danach
habe ich die Störungshotline der Telekom angerufen, um zu erfragen,
wie es eigentlich weitergehen soll. Dabei erfuhr ich, dass die
Störung bis zum 01.09.2021, 10.00 Uhr behoben sein soll.
Das
sind ja prima Aussichten! Wir überlegen, den Anbieter zu wechseln.
Zur Krönung bekam ich am Nachmittag eine Gallenkolik, von der ich mich
jetzt langsam erhole.
Dritter
Samstag
Fräulein
Plaudertasche hat erfahren, dass die Telekom sogenannte
„Schnellstarts“ verteilt, mit denen man ins Internet kommt.
Herr
Plaudertasche hat uns also so ein kleines Gerät besorgt und nach
über zwei Wochen konnten wir Nachrichten sehen, E-Mails lesen …
Wir
sind unserem alten Leben wieder ein Stückchen näher und haben uns ein paar Tage Urlaub gebucht in der näheren Umgebung, aber weit genug weg vom Hochwassergebiet.